19.12.2017

Datengetriebene Marketing-Entscheidungen – wo anfangen?

Gastkommentar. Alexander Igelsböck von Adverity beschreibt für uns entscheidende Punkte für eine erfolgreiche Datenstrategie im Marketing.
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(c) Adverity: Die Co-Founder Martin-Brunthaler und Alexander Igelsböck

Datenstrategie. Gastkommentar von Alexander Igelsböck, Gründer und CEO von Adverity.


Als Internetnutzer produzieren wir alle eine gigantische Menge an Daten, ob wir wollen oder nicht. Jede noch so kleine Interaktion bei Facebook, Amazon oder anderen Online-Plattformen wird registriert und als Dateneintrag gespeichert. Und diese Daten bieten den sammelnden Firmen einen großen Wert: das Wissen, was uns gefällt, was wir tun, was wir suchen, kann zu Geld gemacht werden.

+++ Warum die Digitale Transformation in der Marketing-Abteilung beginnt +++

“Wenn du nicht dafür bezahlst, bist du selbst das Produkt”

Es gibt den bekannten Ausspruch: “Wenn Du nicht dafür bezahlst, bist Du nicht der Kunde. Dann bist Du das Produkt, das verkauft wird.” Die gewieften Betreiber der Online-Plattformen verkaufen die Nutzungsdaten an Werbetreibende, die wiederum angepasste Werbung ausspielen. Die Werbetreibenden selbst sammeln ebenso Daten der Kunden ein und gewinnen Rückschlüsse über einen Webseitenbesucher: die Zeit, die ein möglicher Kunde auf bestimmten Seiten verbringt, ist ein starker Indikator, wie interessiert er ist. Ein einfaches Beispiel wäre der Besuch einer Seite mit Preisinformationen – je ausführlicher diese studiert wird, umso wahrscheinlicher ist ein Vertragsabschluß. Kurzum: deine Daten sind enorm wertvoll für Unternehmen, die etwas verkaufen wollen.

Kann man im Daten-Heuhaufen tatsächlich eine Nadel finden?

Doch diese vereinfachte Darstellung wird bei näherer Betrachtung kompliziert: Denn nicht alle Daten sind aussagekräftig. Wir wissen aus unserer täglichen Arbeit mit Werbetreibenden: Nur wenn man sich auf die richtigen Bereiche fokussiert, erhält man auch wertvolle Erkenntnisse – andernfalls droht man sich in der Zahlenwüste zu verlaufen. Ein häufiges Beispiel ist der Marketingverantwortliche, der zu Beginn seiner “Datengetriebenen Strategie” einfach alles analysieren will, in der Hoffnung, eine grandiose Erkenntnis würde ihm schon in den Schoß fallen. Die Nadel im Heuhaufen wäre eine richtige Analogie, wenn man sich sicher wäre, dass man eine Nadel sucht. Wenn man sich der Frage nicht sicher ist, kann es keine befriedigende Antwort geben.

Die richtigen Fragen für die Datenstrategie

Am Ende des Tages muss man seine Datensammlung wie jedes andere Produkt betrachten: Entweder bringt es einen Mehrwert oder eben nicht. Um einen entsprechenden Wert überhaupt bestimmen zu können, muss man die richtigen Fragen stellen. Überraschenderweise gehört das aber zu den größten Herausforderungen für Marketingentscheider: implizites Wissen über sein Produkt zu konkreten, mit Daten verifizierbare Fragestellungen zu formulieren ist schwierig, aber die Grundlage für eine Datenstrategie.

Wenig verwunderlich, ist eine Datenstrategie viel mehr als nur eine Anhäufung von Nutzerdaten: Es beginnt mit der Definition der Ziele und führt ohne Umwege zu den Fragen: welche Daten brauche ich, um die Frage zu beantworten? Wo speichere ich diese Daten überhaupt – reicht eine Excel-Pivot-Tabelle oder brauche ich eine aufwändigere Lösung? Welche Software brauche ich für die Analyse – und welcher Mitarbeiter kümmert sich eigentlich um all diese Prozesse?

Man braucht Geduld

Um die Erwartungen gleich zu Beginn richtig einzuordnen: Man braucht sehr viel Geduld, so trivial das klingen mag. Wir wissen von unseren Marktumfragen, dass 70 Prozent aller CEOs die genaue Analyse ihrer Marketingdaten für den Unternehmenserfolg als wichtig betrachten – aber nur 27 Prozent geben an, derzeit in einer guten Ausgangsposition für erfolgreiche Analytics zu sein. Und es wäre falsch, einzig den Marketingabteilungen die Schuld zu geben: Wir hören in unseren Diskussionen mit Kunden, wie dringend eine Problemlösung gesucht wird, ohne dass unternehmensintern die vielen Implikationen und der Umfang dieser Transformation beachtet wird.

7 Punkte für die bessere Datenstrategie

All dies zeigt, wie weit Ambition und Unternehmensrealität derzeit auseinander liegen – und diese Lücke muss geschlossen werden, bevor man den Anschluss an den wettbewerbsstarken Markt verliert. Daher haben wir nochmal eine handliche Checkliste mit den wichtigsten Punkten zusammengestellt, die man im Auge behalten sollte:

  1. Wenn man eine Datenstrategie erstellt, muss man die richtigen Fragen stellen. Das Ziel sollte auch  sein, seine eigenen Annahmen infrage zu stellen, anstatt ausschließlich eigene Hypothesen zu bestätigen. Es kann ein durchaus reinigender Prozess sein, vermeintliche Selbstverständlichkeiten nochmal zu überprüfen.
  2. Unternehmens- und fachliche Ziele sollten deutlich formuliert sein, um diese mit den Ergebnissen der Analyse bestätigen zu können. Mit einem klaren Blick kann man die neu gewonnen Erkenntnisse auch gleich in wirkungsvolle Maßnahmen umwandeln.
  3. Eine realistische Zeitvorgabe und die richtigen Tools sind notwendig, um ans Ziel zu kommen. Auch die Aufgabenverteilung muss klar geregelt sein, womöglich braucht es Experten im Team, die sich ausschließlich um die Marketinganalysen kümmern.
  4. Kennziffern oder Key-Performance-Indicators (KPI) sollten bewusst und in begrenztem Rahmen gewählt werden – man kann nicht in alle Richtungen gleichzeitig marschieren. Wichtig hierbei: die Komfortzone verlassen und auch neue KPIs erforschen bzw. Erfinden: jedes Unternehmen ist anders und vielleicht braucht dein Produkt eine besondere Herangehensweise.
  5. Kontext ist extrem wichtig. Daten sind vor allem in Relationen sinnvoll, ein Kampagnenerfolg ist nur mit ähnlichen Aktivitäten oder über ähnliche Zeiträume vergleichbar. Im Vordergrund sollte hier eine kontinuierliche Verbesserung der relevanten KPIs stehen.
  6. Wie in vielen anderen betrieblichen Zusammenhängen gilt bei Marketing Analytics: Führungsstärke ist die wichtigste Disziplin. Als Marketing Leader muss man nicht nur Verantwortung übernehmen, sondern auch als Vorbild agieren: KPIs und Ziele genau kennen, realistische Ziele setzen, dem Team auch Raum für Experimente und Fehler einräumen, allen Mitarbeitern die Möglichkeit geben, die Details zu erlernen und Routinen zu optimieren.
  7. Nicht alle Ergebnisse werden befriedigend oder in konkrete Maßnahmen umwandelbar sein. Auch das ist OK. Die Gewissheit, vieles (noch) nicht zu wissen, kann gewissermaßen ermunternd sein, noch weiter am Produkt, am Targeting oder an der Kampagne zu arbeiten.

+++ Big Data: Nach dem Hype ist vor der Chance +++


Alexander Igelsböck ist Mitgründer und CEO des Wiener Startups Adverity, das sich als Ziel gesetzt hat, Agenturen und Werbetreibenden die Arbeit mit ihren Marketingdaten radikal zu vereinfachen.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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