01.12.2017

VEA: Dieser Makler ist rund um die Uhr im Einsatz

Mit VEA soll im neuen Jahr ein virtueller Immobilienmakler gelauncht werden. Die Lösung, die vom Grazer Unternehmen Botential entwickelt wurde, basiert auf einem Chabot, der Maklern und Vermietern Zeit sparen soll, indem er Fragen beantwortet oder Termine vorschlägt. Dem Brutkasten verrät Jakob Hohenberger noch vor dem Launch, wieso sie einen Branchenpartner aus dem Immobilienbereich an Board geholt haben und wie man ein Produkt testet, bevor es überhaupt live ist.
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VEA steht für Virtual Estate Agent und ist eine Branchenlösung für Immobilienfirmen und Makler.

Die Suche nach einer Wohnung ist meistens zeitaufwendig und kann durchaus sehr anstrengend sein. Denn hat man nach dem Durchsuchen von etlichen Wohnungsplattformen ein passendes Objekt gefunden und kontaktiert den Anbieter, hört man oft lange nichts zurück. Überhaupt bleiben meist viele Fragen unbeantwortet.

VEA spart dem Makler und dem Suchenden Zeit

Die Grazer Firma Botential will für dieses Problem eine Lösung gefunden haben und hat einen Chatbot entwickelt, der rund um die Uhr erreichbar ist. Der virtueller Assistent für Immobilienmakler und Vermieter kann auf der Firmen-Website integriert werden und ist per Facebook-Messenger, E-Mail oder SMS erreichbar. Der Chatbot kann etwa Suchanfragen beantworten oder Termine vorschlagen- und spart dadurch sowohl dem Makler, als auch dem Suchenden viel Zeit.

Freie Domain ausschlaggebend

Der Name VEA war ein “relativ schnelles Finding”, verrät Jakob Hohenberger von Botential im Interview mit dem Brutkasten. Innerhalb weniger Stunden habe Hohenberger das komplette Designkonzept ausgearbeitet. “Dabei habe ich immer an den “virtuellen Immobilienmakler” denken müssen”, so Hohenberger. Daher rührt auch der Name des Chabots: “VEA ist die Englische Übersetzung und steht für Virtual Estate Agent. Und dann war die Domain frei- das war ausschlaggebend”. 

Dem Brutkasten verrät Hohenberger außerdem, wieso man keine Plattform à la willhaben entwickeln wollte, sondern auf einen Chatbot setzt. Außerdem erzählt er, wie das Grazer Team ein Projekt noch vor dem Launch an Usern testet.

Wieso habt ihr “VEA” gestartet?

Screenshot von VEA

Ungefähr vor einem halben Jahr sind wir an eine größere Immobilienfirma herangetreten, die ihre eigenen Immobilien verwaltet. Deren Geschäftsmodell ist die Leerstandsquote durch höheren Service niedrig zu halten- das bedeutet, dass die Mitarbeiter quasi rund um die Uhr erreichbar sind. Ursprünglich wollten sie von uns eine Immobilienplattform à la willhaben. In verschiedenen Gesprächen sind wir dann darauf gestoßen, dass eine solche Plattform eher wenig Perspektive hat, aber, dass wir mit unserer Technologie ihr Geschäftsmodell unterstützen können.

Eure Firma Botential entwickelt Chatbots für Unternehmen, das heißt, ihr habt eine Chatbot-Lösung angeboten?

Ja. Wir wollten einen automatisierten Kundendialog rund um die Uhr und in einer hohen Servicequalität anbieten. Als die Umsetzung des Chatbots für jenes Unternehmen gestartet hat, haben wir uns in der Branche umgehört und nachgeforscht, welchen Mehrwert ein Chatbot hier bieten kann. Die Resonanz war sehr positiv. Daher haben wir uns entschlossen, das ganze in eine Branchenlösung umzuwandeln.

Wie hat die Immobilienfirma darauf reagiert?

Wir sind an sie mit dem Vorschlag herangetreten, dass wir das Risiko unter uns aufteilen und uns an der Lösung zu 50:50 beteiligen. Die Rückmeldung war relativ kurz und positiv. Innerhalb eines Tages wurde uns mitgeteilt, dass man gerne mitmachen möchte. Wir teilen uns die Finanzen, das Risiko, alles wird bei der Kooperation “brüderlich” geteilt.

Wieso habt ihr euch schlussendlich gegen die Plattform entschieden?

In Österreich gibt es bereits zwei, bzw. drei große Plattform-Player am Immobilienmarkt: willhaben oder immoscout sind etabliert- wir hätten da keinen Mehrwert bieten können. Kurzfristig dachten wir daran, etwas Besonderes anzubieten, wie zB. eine Virtual Reality-Besichtigung, sodass man den Besichtigungsprozess automatisch von der eigenen Couch aus abhandeln kann. Aber auch da gibt es bereits einige Mitbewerber, die an einer solchen Lösung arbeiten.

Ist VEA schon live?

Spätestens im Februar soll eine erste Version live gehen. Aktuell sind wir noch einer privaten Phase. Das heißt, wir lernen das System noch an und wir entwickeln noch den letzten Teil der Geschäftslogik. In Q3 erwarten wir dann bereits eine “gepimptere” Version. Wir bemühen uns aktuell auch um eine FFG Basisprogrammförderung.

Wie testet man einen Bot, der noch keine User hat? Ihr kommt auch nicht aus der Immobilienbranche…

Daher war es uns auch sehr wichtig, mit jemandem aus dem Bereich zusammen zu arbeiten. Es ist immer angenehm, wenn man einen Branchenpartner mit dabei hat. Wir evaluieren Ideen immer anhand der “Lean Startup”-Methode. Bei dieser werden Experimente definiert und dann durchgeführt. Anhand von den Ergebnissen entscheidet man dann, was das nächste Experiment ist. Momentan gehen wir genau so vor: Wir definieren Experimente zwischen ein bis drei Wochen, dann messen wir die Ergebnisse und setzten ein neues an. Dabei schließen wir uns immer auch mit unserem Branchenpartner kurz. Wir evaluieren direkt in der Zielgruppe, welche Features wichtig sind, bzw. welches Wording passt.

Wie macht ihr das? Habt ihr bspw. bereits Marketingmaßnahmen gesetzt?

Nein, einstweilen sind keine großen Marketingmaßnahmen geplant. Wir besuchen aber entsprechende Veranstaltungen, haben unter Umständen einen Stand. Online Marketing betreiben wir nicht. Wenn wir Marketingbudget aufwenden, verwenden wir immer nur sehr wenig Geld und messen anhand von Klickraten, bzw. Leseraten genau wie die Resonanz ist. Wir testen konkret aus, welche Features am interessantesten sind. Zum Beispiel schicken wir schnell einen Newsletter aus und messen, wo am meisten drauf geklickt wurde.

Das heißt, es kommen immer noch Funktionen dazu?

Ja, denn der exakte Prozess ist noch nicht fertig definiert. Zum Beispiel wollten wir mit dem Chatbot die Terminkoordination dem Makler abnehmen. Wir sind aber drauf gekommen, dass die meisten Makler eine One-Man-Show sind und ihren Terminkalender zu 100 Prozent selbst organisieren wollen. Die möchten keine Automatisierung der Termine.

Wie sieht euer Businessmodell aus?

Wir wollen eine Zero Touch Sales Lösung, das heißt, die komplette Konfiguration soll später über eine Weboberfläche passieren können. Immobilienfirmen sollen einen Arbeitsplatz buchen können, der VEA-Chatbot ist dann als erweitertes Modul dazu buchbar.

Soll VEA ein eigenständiges Unternehmen werden?

Sofern alle Experimente positiv verlaufen und wir weiterhin positive Resonanz bekommen, möchten wir es in eine eigene Gesellschaft weiterführen. Dann stellt einer von uns von Botential einen Geschäftsführer und einer wird von unserem Branchenpartner gestellt.

Ihr habt bei Botential schon einige Chatbot-Projekte umgesetzt. Zum Beispiel den Wachhund Bot. Wie viele seid ihr im Team?

Insgesamt sind wir elf Personen, wovon acht an unserem Standort in Graz arbeiten. Das Wachhund Projekt hat ein sehr starkes Wachstum in Österreich. Wir generieren zwischen 100 und 150 neue User pro Woche- und das obwohl wir erst vor rund zwei Monaten gestartet sind. Der Bot verzeichnet circa 1000 aktive Nutzer.

Vielen Dank!

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Die dritte Folge von "No Hype KI" mit Manuel Moser, Alexandra Sumper, Moritz Mitterer und Clemens Wasner (v.l.n.r.) (c) brutkasten

„No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz.


Wie lässt sich KI “richtig” in Unternehmen integrieren? Wieso erleben Unternehmen einen “Bottom-Up-Push” und warum sprechen viele dabei noch von großen Hürden? Um diese und viele weitere Fragen ging es in der dritten Folge von “No Hype KI”. Zu Gast waren Alexandra Sumper von Nagarro, Manuel Moser von CANCOM Austria, Moritz Mitterer von ITSV sowie Clemens Wasner von AI Austria und EnliteAI.

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Der Bottom-Up-Push

“Der AI-Hype ist jetzt circa zehn Jahre alt”, startet Clemens Wasner die Diskussionsrunde. Was als “vorausschauende Warnung und Betrugserkennung” im B2B-Sektor begann, hat sich eine knappe Dekade später zu einer Bottom-Up-Push-Bewegung entwickelt. “Einzelne Mitarbeitende verfügen teilweise über weitaus mehr praktische Erfahrung mit Generativer KI”, als “das oft auf einer Projektebene passiert”, so Wasner.

Um KI federführend in Unternehmen zu verankern, sei es wichtiger denn je, Mitarbeitende einzubinden und ihnen intern eine Bühne für den Best-Practice-Austausch zu geben, erklärt Wasner weiter. Aktuell ginge der KI-Push immer intensiver von Mitarbeiter:innen aus. Vergleichbar sei diese Bewegung mit dem Aufkommen der Smartphones vor etwa fünfzehn Jahren.

Daten mit Qualität

Als Basis sollte zuerst allerdings der Datenhaushalt eines Unternehmens sauber strukturiert und reguliert werden, sagt Manuel Moser, Director Digital Innovation & Software Engineering bei CANCOM Austria. “Wenn ein Unternehmen in puncto Daten hinterherhinkt, kann das jetzt durchaus ein Stolperstein sein”, sagt der Experte. In CRM- und ERP-Systemen finden sich häufig unvollständige Angaben. Die dadurch entstehende unzureichende Datenqualität könne jede KI-Initiative ins Stocken bringen, so Moser.

“Der größte Feind ist Zettel und Bleistift”

Schon allein das Notieren von Informationen auf Zetteln gilt nicht nur als scheinbar banale Hürde, wie Moser im Talk erläutert. Analoge Gewohnheiten können enorme Auswirkungen auf den gesamten Digitalisierungsprozess des Unternehmens haben: “Ich sage immer: Bei Digitalisierungslösungen ist der größte Feind der Zettel und der Bleistift am Tisch, mit denen man das digitale Tool am Ende des Tages umgeht.”

Gerade der öffentliche Sektor sollte im KI-Einsatz sowie in der Verwaltung von Daten sorgfältig agieren. Moritz Mitterer, Aufsichtsratsvorsitzender der ITSV, spricht von besonders sensiblen Daten aus der Sozialversicherung, die ein enges rechtliches Korsett und damit ein höheres Maß an Vorsicht mit sich bringen.

“Wir haben 2017 in der ITSV damit begonnen, innerhalb der Struktur damit zu experimentieren”, erzählt Mitterer. Ein essentielles Learning daraus: Gerade große Prozessmengen stellen sich als ideales Feld für KI heraus – wenn man vernünftige Leitplanken, klare Haftungsregeln und eine unternehmensweite Governance definiert.

Im Fokus stehen User:innen

Datenqualität, Governance und gleichzeitig reichlich Agilität? Worauf sollten sich Unternehmen in erster Linie konzentrieren, um KI lösungsorientiert einzusetzen? Alexandra Sumper, Director Delivery Österreich bei Nagarro, betont, dass KI-Projekte weit mehr als reine Technik voraussetzen: “Meine Erfahrung zeigt wirklich, nicht zu groß zu beginnen, wenn man erst am Anfang steht.“ Viele Firmen würden sich gerade anfangs in Strategiepapieren verlieren, anstatt realitätsgetreue Use Case zu definieren, so die Expertin.

“Man muss gut darauf achten, dass man liefert. Sowohl an Datenqualität, als auch an optimierter User Experience”, erläutert Sumper. Als Erfolgsbeispiel nennt sie die Asfinag, die einen KI-Chatbot erfolgreich eingeführt hat. Das Besondere dabei: Ein Kernteam entwickelte die KI-Lösung, achtete auf Datenqualität und band die künftigen Nutzer:innen ein. Die Akzeptanz im Unternehmen stieg rasant, erzählt Sumper von den Projektanfängen.

Ähnliche Schlüsse zieht Sumper aus der Beobachtung anderer Kund:innen: In erster Linie gelte es zu testen, ob KI in einem kleinen Rahmen Nutzen bringt. Sobald Mitarbeiter:innen erleben, dass KI ihre Arbeit wirklich erleichtert, wächst das Vertrauen und die Bereitschaft, weitere Schritte zu gehen.

“Am Anfang gibt es nichts, dass zu 100 Prozent funktioniert”

Dass sich eine Trial-and-Error-Phase gerade in den Anfängen des KI-Einsatzes nicht vermeiden lässt, scheint ein allgemeiner Konsens der Diskussionsrunde zu sein. “Es gibt nichts, was sofort 100 Prozent top funktioniert”, so Sumper. Um Fehlerquellen und deren Auswirkungen jedoch möglichst gering zu halten, empfiehlt die Expertin Qualitätssicherung durch ein Key-User-Team, um Fehler festzustellen, zu korrigieren und Daten-Gaps zu schließen.

Hierbei sollen die Möglichkeiten von generativer KI intelligent genutzt werden, wie Clemens Wasner hervorhebt: “Wir haben das erste Mal eine Technologie, die es ermöglicht, unstrukturierte Daten überhaupt auswertbar zu machen.” Nun gilt es, Effizienz in der Datenstrukturierung und -auswertung zu fördern, um mit der aktuellen Welle der digitalen Transformation mitzuhalten. Denn KI ist, wie Manuel Moser von CANCOM Austria bestätigt, ein wesentlicher Teil der digitalen Transformation: “Ein Baustein, wenn man so will, wie ein ausgestrecktes Werkzeug eines Schweizer Taschenmessers.”

KI-Bereiche mit Potenzial zur Ausgründung

Das Gespräch zeigte insgesamt, dass Unternehmen viel gewinnen können, wenn sie KI nicht als fertige Lösung, sondern als Lernprozess verstehen, in den die Belegschaft aktiv mit eingebunden wird. Auf einer soliden Datenbasis mit klarer Kommunikation ließe sich schon in kleinen Projekten ein spürbarer Mehrwert für das Unternehmen erzeugen.

In manchen Branchen, darunter Sozialversicherungen, E-Commerce sowie Luftfahrt und Logistik, sind Fortschritte unvermeidlich, um den steigenden Anforderungen von Markt- und Mitarbeiterseite gerecht zu werden.

Wasner spricht hierbei von einem Fokus auf Digital Business, der sich bereits in der Entstehung neuer Geschäftsfelder am Markt zeigt: Immer häufiger bündeln Unternehmen Wissensträger:innen zu den Bereichen Data, IoT und Machine Learning in einer eigenen Organisation oder Ausgründung. Gezielt wird hier das Potenzial eines eigenen KI-Kernteams zu nutzen und auszubauen versucht.

Luft nach oben

Dass es in vielen Branchen noch reichlich ungenutztes Potenzial gibt, haben mittlerweile einige Reports aufgeschlüsselt dargestellt. Gerade im Healthcare-Bereich sei “mit Abstand am meisten rauszuholen” – unter anderem im Hinblick auf den sicheren und effizienten Umgang mit Patienten- und Amnesie-Daten zur schnellen und akkuraten Behandlung.

Laut Moritz Mitterer der ITSV besteht eine große Herausforderung darin, sensible Patientendaten und strenge Regulatorik mit dem Wunsch nach Fortschritt zu vereinen. Gerade in Sozialversicherungen sei es wichtig, eine klare Governance zu schaffen und den Einsatzrahmen von KI zu definieren. Nur so könne Vertrauen gefestigt und sichergestellt werden, dass neue Technologien nicht an bürokratischen Hemmnissen oder Sicherheitsbedenken scheitern.

Vertrauen ist “noch ein starker Blocker”

“Am Ende des Tages probieren Unternehmen aus: Wie reagiert die Technologie, wie geht man damit um, welche Art von Projekten macht man?”, rundet Manuel Moser von CANCOM Austria die Diskussion ab. Der nächste Schritt liege darin, immer “mehr in die Kernprozesse von Unternehmen reinzukommen”, so Moser. “Und das, glaube ich, ist ein sehr wesentlicher Punkt.” Das Vertrauen, dass es die Technologie braucht. Das ist aktuell noch ein “starker Blocker in Unternehmen”.

Die Expertenrunde teilt einen universellen Konsens: Der Mensch sowie sein Know-how und Vertrauen in KI spielen bei der digitalen Transformation eine erhebliche Rolle. Sobald KI-Anwendungen auf eine verlässliche Datenstruktur und klare Organisation treffen, kann sich KI im Unternehmensalltag entfalten. Erst durch das Zusammenspiel von Technik, Datenkultur und motivierten Teams wird KI zum Treiber neuer Chancen.


Die gesamte Folge ansehen:

Die Nachlesen der bisherigen Folgen:

Folge 1: “No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?

Folge 2: “Was kann KI in Gesundheit, Bildung und im öffentlichen Sektor leisten?


Die Serie wird von brutkasten in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung unserer Partner:innen produziert.

No Hype KI
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