✨ AI Kontextualisierung
Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen den Schritt ins Ungewisse wagen und sich für die Selbstständigkeit entscheiden. Einige wollen lieber ihr eigener Chef sein oder ihr Leben flexibler gestalten, andere wiederum starten aus einer persönlichen Notwendigkeit heraus.
Die USA mussten warten
So war es auch bei Kiweno-Gründerin Bianca Gfrei. Die Tirolerin stammt aus einem kleinen Dorf und wollte „immer schon etwas bewegen”. Gegen Ende des Studiums bekam Gfrei chronische Magenprobleme. Nach einer Ärzte-Odyssee und einem Nahrungsmittelunverträglichkeitstest hatte sie endlich Gewissheit: Gfrei musste ihre Ernährung umstellen, um ihre Beschwerden loszuwerden. Damals dachte sich die Gründerin: Das muss doch auch unkomplizierter und schneller gehen! Als sie die Zusage für ein Master-Stipendium in den USA bekam, musste Gfrei erst zuwarten, bis sie es antreten konnte – und nutzte die Zeit, um Kiweno zu starten. Mittels Selbsttest soll dabei herausgefunden werden, welche Nahrungsmittel man nicht verträgt. „Anfangs war Kiweno ein Projekt, an dem wir nebenbei gearbeitet haben. Aber dann haben wir so viel Zuspruch bekommen und das Interesse war riesig – jetzt sind wir voll Startup!“, sagt sie.
Chemiker statt Kafferöster
„Menschen haben seit jeher Ideen. „Schon immer wurden auch in Österreich Startups gegründet“, ruft Bernd Litzka vom Austria Wirtschaftsservice (aws) in Erinnerung – wenn auch nicht als Startup bezeichnet, sondern bis vor Kurzem noch einfach als Gründungen benannt. „Nikola Tesla war übrigens kein amerikanischer Autobauer, sondern ein österreichisch-kroatischer Elektroingenieur und Francesco Illy kein italienischer Kaffeeröster, sondern ebenfalls ein österreichisch-ungarischer Chemiker, der die Espressomaschine revolutionierte.“
Nicht rotierende Radkappen
Bevor Litzka zur Förderbank des Bundes kam und in weiterer Folge i2 Business Angels Austria aufbaute, gründete er in den USA selbst ein Startup. Er bemerkte, dass auf Taxis jede mögliche Werbefläche genutzt wird – nur die Räder blieben bis dahin verschont. Daher erfand der junge Ingenieur die nicht rotierende Radkappe – und machte damit einen Exit an eine niederländisch-amerikanische Investorengruppe. „Heute findet man meine patentierte Technologie am neuesten Bentley, wo sich das Logo der Luxuskarosse am Rad nicht mitdreht, und bei über 100.000 Taxis in Las Vegas, Tokio oder San Francisco“, erzählt Litzka.
Die Bank hinter sich gelassen
Genug vom klassischen Berufsweg in einer Bank hatte Manuel Zwittag. „Mir hat etwas gefehlt, ich habe gewusst, dass ich auf jeden Fall zurück in die Selbstständigkeit will“, erzählt der Junggründer. Über seinen Freundes- und Bekanntenkreis sei er dann auf Rublys gestoßen. Heute lässt das Startup seine User täglich Lose aufrubbeln – und gewinnen. Rund 125 Millionen Lose wurden bereits aufgelöst sowie über 3 Millionen Preise ausgeteilt. „Ich hatte seit jeher Hunderte Ideen in mir“, erzählt Zwittag über seine Startup-Anfänge. Mit 20 gründete er ein Einzelunternehmen, eine Agentur für Webprojekte. „Damals war um den Begriff Startup noch nicht so ein Hype“, meint er. Um den Jahreswechsel 2012/13 habe man begonnen, hobbymäßig ganach der Arbeit und am Wochenende zusammenzusitzen und an der Idee zu feilen. Erst als Business Angel Michael Altrichter bei Rublys an Bord ging, wurden die Jobs gekündigt. Damit reihen sich die Rublys-Gründer unter jene 90 Prozent in Europa, die für den ersten Schritt in die Selbstständigkeit ihr eigenes Erspartes aufwenden. Laut einer Analyse des Gründungszentrums der Wirtschaftsuniversität Wien kämen für Entrepreneure staatliche Förderungen gleich an zweiter Stelle. Danach kommen finanzielle Unterstützung aus dem Freundes- und Bekanntenkreis und die Finanzierung über Business Angels. Ein Großteil der Startups wird übrigens in Wien gegründet. Circa die Hälfte der Startups gab an, mit einer Weltneuheit am Markt zu sein.
Redaktionstipps
Wer verdient den Namen Startup?
35.000 bis 39.000 Gründungen gibt es pro Jahr in Österreich. Aber da muss man aufpassen, denn „hier ist alles mit eingerechnet – vom Friseurladen bis zum Technologie-Startup“, erklärt Litzka. Diese Zahl sei in den letzten Jahren konstant geblieben. Sogar während der Wirtschaftskrise habe es keinen Einbruch gegeben. „Davon sind ungefähr 10 Prozent jene Selbstständigen, die ein bisschen mehr machen als tandardisiertes Gewerbe“. Noch einmal ein Zehntel davon verdient in Österreich den Namen Startup: „Ein Startup ist im deutschsprachigen Raum derzeit ein Unternehmen, dessen Idee deutlich über dem Stand der Technik oder des Wissens ist; typischerweise eine intellektuelle Kreation oder Wertschöpfung, die es so noch nicht gibt“, erklärt Litzka.
„Circa 400 derart bezeichnete Startups werden pro Jahr in Österreich gegründet – mehr gibt es leider nicht.“ Den Begriff habe man übrigens etwas verfälscht aus dem angloamerikanischen Bereich abgeleitet, wo alle Gründungen „Startups“ heißen. Daher sei der aktuelle Startup-Boom eher ein Aufmerksamkeits-Boom. Davor wurde einfach weniger übers Gründertum gesprochen. Auch einen signifikanten Anstieg von Tech-Startups habe man in den letzten Jahren nicht verzeichnet. Die Quelle ist durchaus zuverlässig, denn zur aws gelangen die meisten heimischen Startups und innovativen Klein- und Mittelunternehmen irgendwann in ihrer Unternehmensgeschichte. In Österreich wie im Rest Europas schaffen es nicht alle Startups bis zur tatsächlichen Gründung. Tausende kluge Köpfe starten jedes Jahr mit innovativen Ideen, nur ein Bruchteil bleibt davon am Ende übrig. „Entweder taugt die Idee nicht, wenn man erst einmal Feedback einholt, oder der Gründer ist nicht geeignet – oft einfach nicht risikofreudig genug. Nicht jeder ist zum Unternehmer geschaffen“, so Litzka. Einfache Muster, die ein Gründer mitbringen muss, um erfolgreich zu sein, gibt es nicht. „Viele Geldgeber neigen dazu, nur das Team hervorzuheben, aber so leicht lässt sich der Erfolg oder Misserfolg nicht auf ein Merkmal reduzieren. Es gibt keine Garantie“, so Litzka. Am Ende komme es neben dem fähigen Team auf mehrere Faktoren an: harte Arbeit, richtiger Markt, geeigneter Zeitpunkt und Fortüne – also das Quäntchen Glück.
Der obligatorische Arschtritt
Unternehmer mit Ideen sollten jedenfalls so schnell wie möglich Feedback einholen, ganz nach der Lean-Startup- Herangehensweise: Bei dieser Methode sollen Entrepreneure ihre Idee zuerst bewerten, bevor monatelang an der Umsetzung gearbeitet wird, nur damit sie dann erst wieder verworfen werden muss. Diesen Tipp empfiehlt auch Startup-Live-Geschäftsführerin Tanja Sternbauer. Die potenziellen Kunden sollen direkt am Anfang gleich miteinbezogen werden. „Jeder wird dir etwas anderes erzählen. Mentoren, Investoren, Familie und Freunde – am Ende zählt, ob das Produkt beim Kunden ankommt.“ Bei den Veranstaltungen von Startup Live haben Unternehmer ein Wochenende lang Zeit, um an ihrer Idee zu arbeiten. Dabei stehen der Austausch mit anderen Gründern sowie dasTeam-Setup im Vordergrund. Möglichst „lean“ sollen dort erste Websites und Konzepte erstellt werden, um diese auszutesten. Gerade in der Startphase ist der Kontakt mit Entrepreneuren, die ebenfalls gerade starten, wichtig. „In Österreich braucht man immer den Arschtritt“, fasst Sternbauer zusammen. „Wir sind ein sehr vorsichtiges Volk, eher weniger risikoaffin“; wenn man sich mit anderen vernetze, könne man sich gegenseitig motivieren und austauschen. „Die richtige Hürde ist die eigene Motivation.“ Das Team muss dranbleiben und zusammenhalten, um in der schwierigen Anfangsphase durchzuhalten. „Wenn die Idee nicht funktioniert, muss man eben adaptieren – aber dazu muss das Team bereit sein“, so Sternbauer. Am Ende geht es ums richtige Durchhaltevermögen. „Man muss ein Stehaufmännchen sein“, meint auch Litzka. „Ausprobieren, hart arbeiten, eine gute Idee haben – und nicht verzweifeln, wenn es schiefgeht, sondern es einfach noch einmal probieren.“ Es gibt eben keine Zutaten oder gar ein ganzes Kochrezept, nachdem es einfacher wird. Groß träumen, hart arbeiten, durchhalten.