29.04.2015

Verknittert war gestern: Wiener Startup entwickelt innovativen Reisekoffer

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© Vocier: Innovation, wo man sie nicht vermuten mag.

Manch ein gut gekleideter Gentleman ärgert sich bei der mühseligen Suche nach dem perfekten Reisebegleiter. Wer im Job viel reist, kennt das Problem: Die Anzüge werden beim Transport zerknittert, Platz für Laptop und Handys wurden vom Hersteller gar nie eingeplant und einen Fashion-Award würden die meisten Trolleys sowieso nicht gewinnen. Bis jetzt. Denn ein Startup aus Wien hat einen speziellen Reisekoffer entwickelt- und befindet sich nun bereits einen Monat nach Verkaufsstart auf der Überholspur. Geschlechtsneutrale Modelle sollen nun folgen.

Das Produkt sei ein “Hingucker”, ein “Kunstwerk”, der “Höhepunkt der Innovation auf dem Gepäckssektor”: Die ersten Kunden des in Wiener Neustadt beheimateten Start-ups Vocier sind begeistert, wie Firmengründer Michael Kogelnik zum WirtschaftsBlatt sagt. Und nicht nur das Feedback der Kunden sei überwältigend, sondern auch die Umsatzzahlen: Nur einen Monat nach dem Start liege Vocier “weit über Plan”, sagt der Unternehmer. “Wir verkaufen so viel mehr als gedacht, dass wir bereits Produktionsengpässe bekommen.”

Dabei kostet sein Trolley rund zehnmal so viel wie ein Billigprodukt vom Diskonter. Doch die Features seien einzigartig, so Kogelnik: Zum ersten Mal hätten Businessreisende ein Handgepäck, das genau auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sei. Bis zu zwei Anzüge und mehrere Hemden passen hinein und werden dank der patentierten Form garantiert nicht zerknittert auf dem Zielflughafen ankommen. Dazu gibt es ein Fach für den Laptop und im ausziehbaren Tragegriff ein verschließbares Etui, in dem man das Smartphone, den Pass oder die Bordkarte aufbewahren kann-alles Ideen, die Kogelnik in mehrjähriger Arbeit entwickelt hat und durch Patente schützen ließ. Wer nicht nachahmen darf, will die Idee kaufen; Es gebe bereits Interesse von bekannten Branchenriesen.

Derzeit sei aber nicht der lukrative Exit das Thema, sondern das internationale Wachstum, sagt Kogelnik: “Wir haben gerade den IF Design Award 2015 gewonnen, was unsere Bekanntheit weiter erhöht.” Derzeit gebe es bereits Partner wie einen bekannten Herrenausstatter in der Savile Row in London; auch auf dem Flughafen Wien sei der Trolley mit Codenamen C38 bereits erhältlich. In 24 Shops sei das Produkt bereits gelistet-in West-und Osteuropa; Kunden kommen aber auch aus Russland, dem arabischen Raum und Fernost. “Wir haben mit unserem Produkt offenbar eine Marktlücke entdeckt”, sagt Kogelnik.

Entwickelt wurde der Trolley seit 2012 mit finanzieller Unterstützung der FFG (Die Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützt technikorientierte Start-ups mit einer Reihe von Programmen); auch private Investoren sind bei der Vocier GmbH an Bord-unter anderen Heliovis-Vorstand Wolfram Krendlesberger sowie der frühere Josko-Chef, Karl Wagner. Angst, dass der Mitbewerb in dieser Zeit auf dieselbe Idee kommt, hatte Kogelnik nicht: “Sie haben ja auch in den 50 Jahren davor keinen vergleichbaren Koffer entwickelt.”

Die größte Herausforderung sei gewesen, Partner zu finden, die Gründer ernst nehmen und für Qualität stehen- das Leder kommt aus Italien, die Kunststoffteile liefert das oberösterreichische Familienunternehmen Bergs mit Sitz in Ennsdorf, zu dessen Kunden Pkw-Hersteller, aber auch die Skiproduzenten Fischer und Blizzard zählen.

Kogelnik, der früher selbst Investmentbanker und Vielflieger zwischen Österreich, London und Frankfurt war und den Koffer praktisch aus einem Eigenbedürfnis erfunden hatte, hat mit seinem pechschwarzen Trolley derzeit vor allem Männer als Kunden. Demnächst sollen auch geschlechtsneutrale Farben auf den Markt kommen. “Der größte Erfolg wäre, wenn das Produkt zu einem Fashion Statement werden würde”, sagt der Gründer. Schließlich hat auch die Nobelmarke Louis Vuitton, das Zugpferd des in Paris börsenotierten LVMH-Konzerns, vor mehr als 150 Jahren mit Reisekoffern angefangen.

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Quelle: Wirtschaftsblatt

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Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer)
Doris Lippert (Microsoft | Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung) und Thomas Steirer (Nagarro | Chief Technology Officer) | Foto: brutkasten

“No Hype KI” wird unterstützt von CANCOM Austria, IBM, ITSV, Microsoft, Nagarro, Red Hat und Universität Graz


Mit der neuen multimedialen Serie “No Hype KI” wollen wir eine Bestandsaufnahme zu künstlicher Intelligenz in der österreichischen Wirtschaft liefern. In der ersten Folge diskutieren Doris Lippert, Director Global Partner Solutions und Mitglied der Geschäftsleitung bei Microsoft Österreich, und Thomas Steirer, Chief Technology Officer bei Nagarro, über den Status Quo zwei Jahre nach Erscheinen von ChatGPT.

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„Das war ein richtiger Hype. Nach wenigen Tagen hatte ChatGPT über eine Million Nutzer”, erinnert sich Lippert an den Start des OpenAI-Chatbots Ende 2022. Seither habe sich aber viel geändert: “Heute ist das gar kein Hype mehr, sondern Realität“, sagt Lippert. Die Technologie habe sich längst in den Alltag integriert, kaum jemand spreche noch davon, dass er sein Smartphone über eine „KI-Anwendung“ entsperre oder sein Auto mithilfe von KI einparke: “Wenn es im Alltag angekommen ist, sagt keiner mehr KI-Lösung dazu”.

Auch Thomas Steirer erinnert sich an den Moment, als ChatGPT erschien: „Für mich war das ein richtiger Flashback. Ich habe vor vielen Jahren KI studiert und dann lange darauf gewartet, dass wirklich alltagstaugliche Lösungen kommen. Mit ChatGPT war dann klar: Jetzt sind wir wirklich da.“ Er sieht in dieser Entwicklung einen entscheidenden Schritt, der KI aus der reinen Forschungsecke in den aktiven, spürbaren Endnutzer-Bereich gebracht habe.

Von erster Begeisterung zu realistischen Erwartungen

Anfangs herrschte in Unternehmen noch ein gewisser Aktionismus: „Den Satz ‘Wir müssen irgendwas mit KI machen’ habe ich sehr, sehr oft gehört“, meint Steirer. Inzwischen habe sich die Erwartungshaltung realistischer entwickelt. Unternehmen gingen nun strategischer vor, untersuchten konkrete Use Cases und setzten auf institutionalisierte Strukturen – etwa durch sogenannte “Centers of Excellence” – um KI langfristig zu integrieren. „Wir sehen, dass jetzt fast jedes Unternehmen in Österreich KI-Initiativen hat“, sagt Lippert. „Diese Anlaufkurve hat eine Zeit lang gedauert, aber jetzt sehen wir viele reale Use-Cases und wir brauchen uns als Land nicht verstecken.“

Spar, Strabag, Uniqa: Use-Cases aus der österreichischen Wirtschaft

Lippert nennt etwa den Lebensmittelhändler Spar, der mithilfe von KI sein Obst- und Gemüsesortiment auf Basis von Kaufverhalten, Wetterdaten und Rabatten punktgenau steuert. Weniger Verschwendung, bessere Lieferkette: “Lieferkettenoptimierung ist ein Purpose-Driven-Use-Case, der international sehr viel Aufmerksamkeit bekommt und der sich übrigens über alle Branchen repliziert”, erläutert die Microsoft-Expertin.

Auch die Baubranche hat Anwendungsfälle vorzuweisen: Bei Strabag wird mittels KI die Risikobewertung von Baustellen verbessert, indem historische Daten zum Bauträger, zu Lieferanten und zum Bauteam analysiert werden.

Im Versicherungsbereich hat die UNIQA mithilfe eines KI-basierten „Tarif-Bots“ den Zeitaufwand für Tarifauskünfte um 50 Prozent reduziert, was die Mitarbeiter:innen von repetitiven Tätigkeiten entlastet und ihnen mehr Spielraum für sinnstiftende Tätigkeiten lässt.

Nicht immer geht es aber um Effizienzsteigerung. Ein KI-Projekt einer anderen Art wurde kürzlich bei der jüngsten Microsoft-Konferenz Ignite präsentiert: Der Hera Space Companion (brutkasten berichtete). Gemeinsam mit der ESA, Terra Mater und dem österreichischen Startup Impact.ai wurde ein digitaler Space Companion entwickelt, mit dem sich Nutzer in Echtzeit über Weltraummissionen austauschen können. „Das macht Wissenschaft zum ersten Mal wirklich greifbar“, sagt Lippert. „Meine Kinder haben am Wochenende die Planeten im Gespräch mit dem Space Companion gelernt.“

Herausforderungen: Infrastruktur, Daten und Sicherheit

Auch wenn die genannten Use Cases Erfolgsbeispiele zeigen, sind Unternehmen, die KI einsetzen wollen, klarerweise auch mit Herausforderungen konfrontiert. Diese unterscheiden sich je nachdem, wie weit die „KI-Maturität“ der Unternehmen fortgeschritten sei, erläutert Lippert. Für jene, die schon Use-.Cases erprobt haben, gehe es nun um den großflächigen Rollout. Dabei offenbaren sich klassische Herausforderungen: „Integration in Legacy-Systeme, Datenstrategie, Datenarchitektur, Sicherheit – all das darf man nicht unterschätzen“, sagt Lippert.

“Eine große Herausforderung für Unternehmen ist auch die Frage: Wer sind wir überhaupt?”, ergänzt Steirer. Unternehmen müssten sich fragen, ob sie eine KI-Firma seien, ein Software-Entwicklungsunternehmen oder ein reines Fachunternehmen. Daran anschließend ergeben sich dann Folgefragen: „Muss ich selbst KI-Modelle trainieren oder kann ich auf bestehende Plattformen aufsetzen? Was ist meine langfristige Strategie?“ Er sieht in dieser Phase den Übergang von kleinen Experimenten über breite Implementierung bis hin zur Institutionalisierung von KI im Unternehmen.

Langfristiges Potenzial heben

Langfristig stehen die Zeichen stehen auf Wachstum, sind sich Lippert und Steirer einig. „Wir überschätzen oft den kurzfristigen Impact und unterschätzen den langfristigen“, sagt die Microsoft-Expertin. Sie verweist auf eine im Juni präsentierte Studie, wonach KI-gestützte Ökosysteme das Bruttoinlandsprodukt Österreichs deutlich steigern könnten – und zwar um etwa 18 Prozent (brutkasten berichtete). „Das wäre wie ein zehntes Bundesland, nach Wien wäre es dann das wirtschaftsstärkste“, so Lippert. „Wir müssen uns klar machen, dass KI eine Allzwecktechnologie wie Elektrizität oder das Internet ist.“

Auch Steirer ist überzeugt, dass sich für heimische Unternehmen massive Chancen eröffnen: “Ich glaube auch, dass wir einfach massiv unterschätzen, was das für einen langfristigen Impact haben wird”. Der Appell des Nagarro-Experten: „Es geht jetzt wirklich darum, nicht mehr zuzuwarten, sondern sich mit KI auseinanderzusetzen, umzusetzen und Wert zu stiften.“


Folge nachsehen: No Hype KI – wo stehen wir nach zwei Jahren ChatGPT?


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