11.04.2024
INTERVIEW

Claudia Plakolm: „Datenschutz, die heilige Kuh in Österreich”

Interview. Claudia Plakolm (ÖVP) hat die Digitalisierungsagenden der Regierung nach dem Abschied von Florian Tursky (ÖVP) in Richtung Tirol übernommen. Im exklusiven brutkasten-Interview spricht sie über ihre neuen Aufgaben.
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Claudia Plakolm hat die Digitalisierungsagenden von Florian Tursky übernommen (c) BKA/Andy Wenzel
Claudia Plakolm hat die Digitalisierungsagenden von Florian Tursky übernommen (c) BKA/Andy Wenzel

brutkasten: Frau Plakolm, wo sehen Sie in der Digitalisierung die drängendsten Themen und was werden Sie als Erstes angehen?

Claudia Plakolm: Ich kann mich sehr glücklich schätzen, weil ich gleich nahtlos an die Projekte von Florian Tursky anknüpfen kann. Für mich ist die Digitalisierung der Puls unserer Zeit, wo wir den Puls eines Sportlers brauchen. Das heißt ruhig auf der einen Seite, aber mit Nachdruck im Ausbau der digitalen Strukturen. Man braucht kein Digitalisierungsexperte zu sein, um zu wissen, dass wir es uns gerade in Österreich nicht leisten können, ins Hintertreffen zu geraten, was die Digitalisierung angeht.

Welche konkreten Projekte wollen Sie vorantreiben?

Die digitale Kompetenzoffensive, also wo wir die Digitalisierung in die Breite bringen. Das ist mir ganz wichtig, weil es eine Querschnittsmaterie ist, die überall einschlägt und wo wir alle Generationen, insbesondere die Menschen mit Vorbehalten, mitnehmen müssen. Dafür sind wir jetzt mit 4.500 Digitalworkshops in ganz Österreich unterwegs. Das bedeutet unter dem Strich, dass wir in Wahrheit bis zu dreimal in jede österreichische Gemeinde kommen können. Wir können speziell dort unterstützen, wo es um Fragen zu digitalen Behörden geht. Außerdem wird es eine Plusphase dieser Workshops geben, wo nach geeigneten Maßnahmen gesucht wird, wie man Fachkräfte in diesem Bereich bestmöglich in Österreich ausbildet. Zusätzlich können wir mit den Workshops auch in die Tiefe gehen, wie zum Beispiel beim Thema Künstliche Intelligenz.

Was kann die österreichische Startup-Szene von Ihnen erwarten?

Ich freue mich sehr auf den intensiven Austausch mit der Startup-Szene. Es gibt sehr viele Überschneidungen, was Gründungen, Startups und Digitalisierung betrifft. Ich werde mich gerade beim Thema ID-Austria sehr intensiv darauf fokussieren, wie wir diese auch für Startups und KMUs zur Verfügung stellen können. Denn die ID-Austria kann von den Unternehmen kostenlos – beispielsweise für die Kundenidentifikation – genutzt werden. In einem nächsten Schritt, den hat Florian Tursky noch vorgestellt, wird die der ID-Austria auch von den Banken genutzt werden. Es gibt ja auch bereits Startups, Notarity zum Beispiel, die die ID-Austria gut anwenden.

Ich möchte eine weitere Digitalisierung der vielen Prozesse, die mit einer Gründung oder generell mit einer Unternehmensführung verbunden sind.

Staatssekretärin Claudia Plakolm

Das Unternehmensserviceportal ist auch ein gutes Stichwort. Ich möchte eine weitere Digitalisierung der vielen Prozesse, die mit einer Gründung oder generell mit einer Unternehmensführung verbunden sind. Es ist mir auch ein großes Anliegen, dass wir die digitale Gründung von weiteren Rechtsformen zur Verfügung stellen. Bekannterweise sind die meisten Startups nicht Ein-Personen-Unternehmen, sondern von mehreren Personen gegründet worden. Ich bin offen für Vorschläge, wie man gerade in der Gründungsphase beispielsweise die ersten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter lohnnebenkostenfrei stellen kann. Meiner Meinung nach ist das etwas, wo wir mit wenig Bürokratie viel erreichen können.

Braucht es ein höheres Fördervolumen für österreichische Startups?

Mit der AWS und der FFG haben wir sehr gute Möglichkeiten, die Startup-Szene zu unterstützen. Ich bin aber weiterhin offen für etwaige Anliegen der Startupbranche und freue mich auf den Austausch mit den Stakeholderinnen und Stakeholdern.

Wie sehen Sie die aktuellen Datenschutzbestimmungen?

(lacht) Ah die heilige Kuh in Österreich, neben den Pensionen, der Datenschutz. Ich glaube, bei diesem Thema muss man einen guten Mittelweg finden. Es gibt die berechtigte Sorge, was mit den Daten passiert. Hier müssen wir einerseits Vertrauen schaffen, aber die Menschen auch mit dem nötigem Wissen und den Kompetenzen ausstatten. Es ist ein bisschen Bauch gegen Kopf bei dem Thema.

Für wie wichtig erachten Sie ClimateTech als Lösung im Kampf gegen den Klimawandel?

In Innovation im Bereich Klimaschutz steckt extrem viel Potenzial. Da gibt es dieses gute Beispiel, das ich selbst sehr gerne verwende. Neue Klimatechnologien, die allein in der Steiermark entwickelt werden, sparen zehnmal so viel CO2 ein, wie Österreich in einem Jahr ausstößt. Das sollte in etwa der Ausstoß von Kanada sein.

Was heißt es unter dem Strich? Dass wir als kleines Land, das nur einen Bruchteil des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortet, uns trotzdem nicht zurücklehnen und uns dem Klimaschutz annehmen. Wir gehen als Land voran, indem wir Innovationen und Unternehmen in diesem Bereich fördern. In Österreich sollten wir den Fokus auf den Ausbau von erneuerbaren Energien legen.

In Österreich gibt es immer noch deutlich weniger Gründerinnen als Gründer. Wie wollen Sie mehr Frauen dazu ermutigen, diesen Schritt zu gehen?

Was generell das Thema Gründen betrifft, liegt sehr viel auch daran, dass wir Entrepreneurship mehr ins Klassenzimmer bringen. Nachdem ich selbst Wirtschaftspädagogik studiert habe und doch einige Monate auch selbst im Klassenzimmer in einer Handelsakademie gestanden bin, glaube ich, haben wir hier durchaus Potenzial, diesen stärker in den Lehrplänen auch in nicht wirtschaftlichen Schulen zu nutzen.

Wir brauchen mehr Menschen, die den Mut haben zu gründen und ihre eigenen Ideen auf den Boden bringen.

Staatssekretärin Claudia Plakolm

Außerdem müssen wir mehr bei den Lehrerinnen und Lehrern sein. Diese lehren es meistens aus der Konsumentensicht und nie aus der Sicht eines Unternehmers. In der Berufsorientierung wird man eher zur Arbeitnehmerin oder zum Arbeitnehmer erzogen. Wenn ich jetzt wieder an die HAK zurückdenke, wäre ich davon ausgegangen, dass alle später Buchhalterinnnen und Buchhalter werden, so viele T-Konten haben wir da durchgemacht.

Man sollte den Fokus vermehrt auf das Unternehmertum setzen. Es muss auch Menschen geben, die in Zukunft Arbeitsplätze schaffen. Wir brauchen mehr Menschen, die den Mut haben, zu gründen und ihre eigenen Ideen auf den Boden bringen. Das ist meistens auch ein bisschen eine Kulturfrage. Scheitern muss in Ordnung sein, es ausprobiert zu haben, ist das Wichtigste.

Was erwarten Sie sich von der Europawahl im Hinblick auf den Wirtschaftsstandort Europa?

Ich wünsche mir einen wirtschaftlich starken Standort Europa, der es für Unternehmen attraktiv macht, hier zu investieren und zu produzieren. Europa muss wettbewerbsfähig bleiben mit anderen Regionen dieser Welt. Der gemeinsame Wirtschaftsstandort, den wir über die Jahrzehnte geschaffen haben, ist eine riesige Chance. Daher muss der volle Fokus eines geeinten Europas auf dem weiteren Potenzial des gemeinsamen Wirtschaftsstandortes liegen. Brüssel wäre gut beraten, eher in die Wettbewerbsfähigkeit zu investieren, als eine Regulierung nach der anderen zu beschließen. Wir sollten Menschen und Unternehmen ermutigen, in Europa zu investieren und sie nicht mit zusätzlichen Hürden aufhalten.

Brüssel wäre gut beraten, eher in die Wettbewerbsfähigkeit zu investieren, als eine Regulierung nach der anderen zu beschließen.

Staatssekretärin Claudia Plakolm

Wie stehen Sie zum neulich beschlossenen AI-Act? Von Unternehmensseite gibt es die Kritik, dass die Vorschriften zu restriktiv sind und Innovationen dadurch erschwert werden, besonders im internationalen Vergleich.

Ich finde es gut, dass man eine Klassifizierung von unterschiedlichsten KI-Anwendungen vornimmt, also von unannehmbares Risiko bis geringes Risiko eine Einschätzung trifft. Die unannehmbaren Risiken sind ja dann dementsprechend auch zu verbieten. Wir sind in Österreich insofern gut vorbereitet, dass wir eine KI-Servicestelle ja bereits auf den Weg gebracht haben, die eben genau dann, wenn es zur nationalen Umsetzung kommt, in Richtung einer KI-Behörde weiterentwickelt wird. Wir werden in Österreich in die Vorlage gehen und eine Kennzeichnungspflicht für KI-Anwendungen in der Verwaltung machen. Im Unternehmensserviceportal des Bundes wenden wir beispielsweise KI an. Damit helfen wir Menschen, die ein Unternehmen gründen wollen, die passenden Förderungen zu finden.

Künstliche Intelligenz bietet viele Chancen, gerade für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Staatssekretärin Claudia Plakolm

Wir müssen die Forschung mit KI in Österreich weiter vorantreiben. Einerseits was die Anwendung betrifft, aber auch in der Grundlagenforschung. Da haben wir definitiv noch Luft nach oben bei uns im Land. Aus diesem Grund ist es mir auch so wichtig, dass wir penibel darauf achten, die digitale Kompetenzoffensive in die breite Bevölkerung zu bringen. Künstliche Intelligenz bietet viele Chancen, gerade für den Wirtschaftsstandort Österreich.

Zum Abschluss noch eine persönliche Frage: Haben Sie in Krypto-Assets investiert?

(lacht) Nein, das habe ich tatsächlich nicht.

Frau Plakolm, vielen Dank für das Gespräch.

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Synergien stehen bei der Deloitte Technology Alliance Fair im Mittelpunkt | (c) Adobe Stock
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Was bringt SAP, IBM, Oracle NetSuite, Salesforce und ServiceNow zusammen auf ein Event? Schließlich haben die globalen Technologie-Riesen auf dem Markt teilweise konkurrierende Produkte. “Als wir sie für die Technology Alliance Fair angefragt haben, waren einige vom Konzept zunächst durchaus überrascht. Nach kurzer Zeit waren aber alle begeistert”, erzählt Deloitte Partner Mohamed Omran im Gespräch mit brutkasten.

Deloitte Technology Alliance Fair
Wann: 27.05.2024 ab 12:30
Wo: Wien Museum, Karlsplatz 8, 1040 Wien

“Synergie-Effekt kann sehr viel Mehrwert schaffen”

Denn die besagten Unternehmen und noch viele mehr sind Partner bzw. “Alliances” von Deloitte Österreich. Auf der Technology Alliance Fair am 27. Mai wolle man unter anderem zeigen, welche Vorteile Synergien zwischen den Produkten der Anbieter für Kunden haben können, sagt Omran: “Unternehmen bilden häufig Silos und setzen in Bereichen wie CRM, ERP oder Service Management voneinander unabhängige Prozesse auf. Dabei kann ein Synergie-Effekt hier sehr viel Mehrwert schaffen. Ziel ist, dass sie beim Event mit einem Aha-Effekt herauskommen.”

Gezielte Unterstützung bei der digitalen Transformation

Dazu haben die Partner-Unternehmen auf der Technology Alliance Fair die Möglichkeit, dem Publikum ihre Lösungen vorzustellen. In mehreren Sessions und Pitches werden Best Practices, Success Stories und die aktuellsten Innovationen präsentiert, die Ihr Unternehmen gezielt bei der digitalen Transformation und Themen wie Cloud, AI, ESG, Arbeitskräftemangel und Technologiewandel unterstützen sollen.

“Wir sind diejenigen, die alles zusammenführen”

“Und wir sind diejenigen, die alles zusammenführen, die eine End-to-End-Brücke zwischen den Lösungen bilden”, erklärt der Deloitte Partner. Die “Alliances” würden dabei die Ankerthemen darstellen. “Dazwischen gibt es viele organisatorische und strategische Angebote von uns, etwa in den Bereichen Change Management oder Product Management. Diese zusätzlichen Leistungen, die wir neben einem Implementierungsprojekt anbieten können, bringen unserer Expertise nochmal einen besonderen Mehrwert”, so Omran.

Das passiert auf der Technology Alliance Fair

Neben je 30-minütigen Präsentationen von SAP, IBM, Oracle NetSuite, Salesforce und ServiceNow sind auf der Technology Alliance Fair auch Pitches der Deloitte-“Alliances” Parloa, Palo Alto Networks, Adobe, Integration Services und Informatica zu sehen. Eine Podiumsdiskussion mit Vertreter:innen aus der Wirtschaft beschäftigt sich mit den Fragen: Welche Rahmenbedingungen braucht es, damit Digitale & Workforce-Transformation im Unternehmen gelingen? Und welche Rolle spielt dabei AI? Beim Ausklang danach gibt es ausgiebig Gelegenheit zum Networking.

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