23.10.2023

European Venture Report: VC-Fundraising und Spätphasen-Investitionen gehen zurück

Der allgemeine Tenor des European Venture Reports: Fundraising geht zurück, CleanTech und AI sowie Frankreich, die Benelux-Staaten, Großbritannien und Irland sind am VC-Markt hoch im Rennen. Die Hoffnung auf einen langfristigen Aufwärtstrend besteht.
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Fokus auf Europa im Weltgeschehen am VC-Markt (c) Adobe Stock

Der European Venture Report für das dritte Jahresviertel wurde von PitchBook veröffentlicht. PitchBook stellt als internationales Venture-Capital-Unternehmen aus Seattle im US-amerikanischen Bundesstaat Washington Datenanalysen zur Verfügung.

Der Report zeigt: Der Wert der Venture-Capital-Deals wird dieses Jahr deutlich unter dem Wert des Vorjahres liegen – und zwar um fast 50 Prozent niedriger. Der Gesamtwert der Deals am VC-Markt erreichte im Jahr 2022 einen Wert von 109 Milliarden Euro. Bis zum Jahresende wird das diesjährige Volumen vermutlich nicht mehr dazu im Stande sein, den Vorjahreswert zu übersteigen.

Zeigt der European Venture Report Hinweise auf einen langfristigen Aufwärtstrend?

Dennoch identifiziert der Report einen langfristigen Aufwärtstrend. So stieg das Transaktionsvolumen am europäischen VC-Markt von Quartal zu Quartal leicht an, heißt es im Report. Sukzessive sind die Deal-Werte am europäischen Venture-Capital-Markt von Quartal zu Quartal gestiegen – letztlich um 5,9 Prozent von Q2 auf Q3. Der Report skizziert dennoch unklare makroökonomische Aussichten am VC-Markt, erklärt eine dauerhafte Erholung allerdings für möglich.

Exit-Aktivität sank, Börsengänge sind Schlusslichter

PitchBook ist besonders realistisch, wenn es um die Exit-Aktivität am europäischen VC-Markt in den ersten drei Jahresvierteln geht: “2023 is on track to be the most depressed year for exit value since 2013”, heißt es im Report. Dies deutet auf einen starken Einbruch bei VC-Exits in den ersten drei Jahresvierteln hin, was 2023 im Vergleich zu den Vorjahren in Bezug auf die Exit–Aktivität am europäischen VC-Markt als besonders niedrig aussteigen lässt.

Konkret handelt es sich beim Exit-Wert um jenen Geldbetrag, den Risikokapitalgeber oder Investoren erwarten würden, wenn sie ihre Beteiligungen an einem Unternehmen verkaufen. Ist der Exit-Wert niedrig, so werden auch niedrige Gewinne realisiert.

Diese Branche zählt die wertmäßig größten Exits

Der Wert der Börsengänge blieb in diesem Jahr bisher am niedrigsten, Buyouts, also Übernahmen, machten den Großteil der Exit-Aktivitäten aus. Sektorübergreifend zeigt sich die IT-Hardware als besonders widerstandsfähig, während der Energie-Sektor mit den größten Rückgängen in den ersten neun Monaten zu kämpfen hatte. Die zehn größten Exits gab es im dritten Quartal 2023 in der Softwareindustrie.

Grundsätzlich zeigen kommerzielle Dienstleistungen sowie die Regionen Frankreich und Benelux die größte Widerstandsfähigkeit, wenn es um Branchen- und regionale Trends am VC-Markt in Europa geht. Führend sind jedoch Großbritannien und Irland – mit einem Deal-Wert-Anteil von rund 33,2 Prozent am Gesamtmarkt.

Größter Deal ging an Frankreich

Die größten zehn Deals im dritten Jahresquartal identifiziert der PitchBook Report als sogenannte CleanTech Investments. Der größte Deal soll in Frankreich stattgefunden haben – mit einem Investment in Höhe von 2,1 Milliarden Euro – und zwar in das Unternehmen Verkor, einen Produzenten für kohlenstoffarme Batterien.

Spätphasen zeigen größere Rückgänge im Vergleich zu Frühphasen-Investitionen: Erstere gingen im Vergleich zu den ersten drei Quartalen des Vorjahres nämlich um gut 6,9 Prozent zurück. Frühphasen-Aktivitäten haben hingegen im Vergleich zum Vorjahr zugenommen.

CleanTech und AI sind besonders “resilient”

Aktivitäten im CleanTech-Bereich zeigen sich widerstandsfähiger als im Gesamtmarkt, heißt es im Report. Immerhin verzeichnet der CleanTech-Sektor fünf der zehn größten Deals im dritten Quartal. PitchBook ordnet den CleanTech-Sektor als relativ konjunkturresistent ein. PitchBook identifiziert dafür vor allem günstige Regulierungen auf Europa-Ebene – in erster Linie für CleanTech Startups – als strukturelle Wachstumstreiber.

Im Vergleich zeigen Unternehmen aus dem SaaS- (Software as a Service), FinTech sowie KI-Bereich einen stärkeren Rückgang des Transaktionswertes. Dieser liegt nämlich bei nur 28,6 Prozent im Vergleich zum Q3 des Vorjahres. Bei CleanTech sind es ganze 57,2 Prozent, und damit gute 17,2 Prozentpunkte über dem Gesamtmarkt.

Fundraising zeigt Rückwärtstrend

Bis zum dritten Quartal lag das europaweite VC-Fundraising lediglich bei der Hälfte des Vorjahresniveaus. Und zwar 13,9 Milliarden Euro (bis zum Q3 2023) im Vergleich zu 27,6 Milliarden Euro für das gesamte letzte Jahr. PitchBook geht nicht davon aus, dass 2023 noch das Vorjahresniveau übersteigen kann.

Gründe dafür sind unter anderem das Fehlen von Megafonds im Fundraising Bereich, die die Gesamtzahlen verzerren können. So gab es unter den zehn größten Fonds im Jahr 2023 VC-Fonds den NATO Innovation Fund und Highland Europe Technology Growth V, beide mit
einer Milliarden Euro.

Über PitchBook

Das Unternehmen beschreibt sich selbst als “die erste Quelle für umfassende Daten über die globalen Kapitalmärkte und firmeneigene Untersuchungen und Einblicke”. Die gesammelten und analysierten Daten beziehen sich in erster Linie auf Daten zu Unternehmensfusionen sowie zu Privat Equity und Venture Capital Daten. Auch tägliche Branchennachrichten und -analysen sind Teil der Analysen von Pitch Book.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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