12.07.2023

Alex Osterwalder: “CEOs müssen 40 bis 60 Prozent der Zeit mit Innovationen verbringen”

Interview. Der Schweizer Innovationsexperte Alex Osterwalder ist vor allem als Erfinder des Business Model Canvas bekannt. Kürzlich trat er am Wiener Strategieforum auf, wo er brutkasten ein Interview gab.
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Alex Osterwalder
Alex Osterwalder am Wiener Strategieforum | Foto:

Alex Osterwalder ist der Erfinder des Business Model Canvas – einem Ansatz, mit dem sich Geschäftsmodelle visuell dargestellt, eingeordnet und weiterentwickelt werden können. Der Schweizer ist Autor mehrerer internationaler Bestseller und derzeit hauptsächlich als Unternehmer mit seiner Firma Strategizer tätig. Mit dieser berät er Unternehmen bei der Umsetzung von Innovationen. Daneben ist Osterwalder Visiting Professor am IMD Business School.

Im Juni war Osterwalder am Wiener Strategieforum zu Gast und bekam dort den Theory-to-Practice Strategy Award verliehen. Am Rande der Veranstaltung stand er brutkasten für ein kurzes Interview zur Verfügung.


brutkasten: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Erfolgsfaktoren, damit Unternehmen innovativ sind?

Alex Osterwalder: Nummer eins ist die Füh­rungs­equi­pe. Der CEO muss 40 bis 60 Prozent der Zeit mit Innovationen verbringen. Wenn das der Fall ist, dann ist alles andere eigentlich relativ einfach. Wenn das nicht der Fall ist und ein CEO nur fünf Prozent der Zeit oder gar null Prozent der Zeit investiert, dann kann das Unternehmen keine Innovation betreiben. Doesn’t happen.

Ist das nicht ein sehr hoher Prozentsatz?

Ja, aber die Frage ist: Wie ernst nimmt man die Zukunft? Wenn die Zukunft nicht wichtig ist, okay, dann muss ich mich nicht damit befassen. Aber wenn die Geschäftsmodelle sich verändern, dann muss man sich damit befassen. Heute gehen 40 Prozent der CEOs in der Welt davon aus, dass ihr Geschäftsmodell in den nächsten zehn Jahren nicht überleben wird. Dann muss man sich mit der Zukunft auseinandersetzen und mit Innovation.

Und Innovation ist nicht nur Research & Development (R&D). Innovation ist auch Business-R&D. Es sind nicht nur Technologie und Produkte, es sind neue Geschäftsmodelle.

Können Sie das ein bisschen näher ausführen, wo der Unterschied dann liegt?

Es gibt drei verschiedene Arten von Innovation. Eins: Das ist Efficiency Innovation. Da verbessere ich Prozesse. Dann mache ich mein bestehendes Geschäftsmodell besser.

Dann gibt es Sustaining Innovation. Da mache ich neue Produkte, neue Werte, vielleicht neue digitale Kanäle, bin aber immer noch im selben alten “Geschäftsmodell”.

Und dann gibt es Transformative Innovation. Da geht es darum wirklich was ganz Neues zu machen. Das muss nicht unbedingt Self-Destruction sein, das kann auch auf einem bestehenden Geschäftsmodell aufbauen. Aber es sind ganz ganz neue Werte versprechen mit neuen Geschäftsmodellen, neuen Vertriebskanälen, Einkommensquellen.

Das ist natürlich schwierig zu machen, weil ein Unternehmen darauf getrimmt ist, ein bestehendes Geschäftsmodell gut auszuführen. Da ist es natürlich schwierig, etwas Neues zu machen. Da muss man eine Unternehmensstruktur aufbauen, um das umsetzen zu können.

Woran scheitern denn Innovationen in der Praxis bei Unternehmen am häufigsten?

Am fehlenden Management Buy-in, das ist ganz einfach. Es gibt sehr viele Unternehmen, die machen Innovationsaktivitäten: Accelerators, Hackathons, Silicon Valley Tours. Aber das nennen wir Innovation Theater, weil das Management den Innovationen keine Power gibt. Und dann passiert nichts. Es wird bottom-up gut gemacht, aber top-down wird das nicht wirklich angefasst.

Wenn die Füh­rungs­equi­pe da mitmacht und es betreibt, dann ist es nicht so schwierig, Innovationen zu betreiben. Die Füh­rungs­equi­pe soll nicht die konkreten Ideen auswählen, sondern das System dafür bauen. Wir wissen heute, wie man es macht. Wenn das Top-Management dabei ist, dann ist es wirklich, wirklich machbar.

Wie ernst nehmen CEOs das Thema Innovation und wie hat sich das in den vergangenen zehn Jahren verändert?

Das hat sich sehr stark verändert. Heute sagen 75 Prozent der Unternehmen, dass Innovation ein Top-3-Thema ist. Das ist ein bisschen ein Clash mit der Fähigkeit, Innovation zu skalieren. Nur ungefähr 20 Prozent der Unternehmen sind wirklich fähig, innovation at scale zu betreiben. Es gibt einen Graben zwischen der Ambition und der Fähigkeit, es auch umzusetzen. 

Aber heute sieht das ganz anders aus als vor fünf bis zehn Jahren. Die meisten CEOs gehen das Thema wirklich an. Vor allem in gewissen Industrien, wo man einfach nicht mehr drum herum kommt: Finance, Banking, Food and Beverage. Das ist ein Thema, das hat einen ganz anderen Stellenwert. Da wird heute nicht nur darüber gesprochen, sondern da wird wirklich was gemacht. Wir gehen weg von Innovation Theater zu Innovation Results. Eine positive Entwicklung.

Wie sehen Sie denn den Stellenwert von Startups verglichen mit Corporates, wenn es um Innovation geht?

Ich denke, wir Startups werden immer Disruption betreiben, das ist immer spannend. Aber wenn man sich überlegt, wer wirklich die Welt beeinflussen kann, dann sind das Großunternehmen. Die haben eine Brand, die haben Kunden, die haben einen Vertriebskanal, die sind schon groß. 

Was denen aber fehlt, ist ein System, um Innovationen großflächig zu betreiben. In der Zukunft werden die bestandenen Unternehmen, das können Mittelständler oder Großunternehmen sein, viel, viel besser werden bei der Innovation, aber es braucht immer noch Startups, die die ganz wilden Ideen angehen. Es wird es immer beides geben, aber ich denke, die Großunternehmen werden da sehr, sehr stark aufholen.

Das Interview mit Alex Osterwalder am Wiener Strategieforum im Videoformat:


Titelbild: Andreas Kowacsik

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Tomohiro Ishikawa und Miyu Nishihira (v.l.) | (c) brutkasten / Martin Pacher

Herkömmliche Drohnen navigieren in offenen Bereichen oft mithilfe von GPS, um ihre Position und Flugroute zu bestimmen. In geschlossenen Gebäuden oder unterirdischen Bauwerken wie Tunneln ist dies jedoch nicht möglich. Daher sind spezielle technologische Lösungen erforderlich, um eine zuverlässige Navigation von Drohnen in solchen Umgebungen zu gewährleisten. Eine Lösung dafür entwickelt das japanische Technologieunternehmen Spiral Inc., das 2016 von Tomohiro Ishikawa gegründet wurde.

Spiral liefert Lösung mit Augmented Reality (AR)

Durch den Einsatz von Augmented-Reality-Markern navigieren die Drohnen präzise durch Innenräume und ermöglichen eine lückenlose Überwachung von Infrastrukturen wie Dämmen, Tunneln, Abwassersystemen oder anderen schwer zugänglichen Orten. Die sogenannte “MarkFlex-Air (MFA)-Technologie eignet sich somit besonders für Einsätze in Umgebungen, in denen kein GPS-Signal zur Verfügung steht.

Die Technologie kommt aktuell zur Inspektion von Tunneln zur Anwendung | (c) Spiral

Die Drohnen erfassen in Echtzeit Videodaten und senden diese in die Cloud, wo sie sofort ausgewertet werden können. Dies ermöglicht es Bauunternehmen, schnelle, datenbasierte Entscheidungen zu treffen, die den Fortschritt ihrer Projekte beschleunigen und gleichzeitig die Kosten senken.

In Japan hat das Unternehmen sich bereits in mehreren Projekten bewährt, darunter Tests mit dem japanischen Ministerium für Land, Infrastruktur, Verkehr und Tourismus sowie führenden Bauunternehmen. So wurde die Technologie dafür eingesetzt, um Shinkansen-Eisenbahntunnel zu inspizieren.

Expansion nach Europa

Nach den erfolgreichen Projekten in Japan verfolgt das Unternehmen nun ehrgeizige Pläne für die internationale Expansion, insbesondere in Europa. “Wir haben herausgefunden, dass es enorme Potenziale in der europäischen Industrie gibt,” so Miyu Nishihira, Global Marketing Manager von Spiral Inc. gegenüber brutkasten. Sie betont die wachsende Nachfrage nach der innovativen Drohnentechnologie.

Miyu Nishihira | (c) brutkasten / martin pacher

Der nächste logische Schritt sei der Einstieg in den europäischen Markt. “Ich habe Gespräche mit potenziellen Kunden in Österreich geführt, wie Bauunternehmern, Bauingenieurbüros und Eisenbahngruppen”, so Nishihira. Und sie merkt an: “Sie sind daran interessiert, unsere Drohnen in Notfällen, wie bei Unfällen in Tunneln, oder zur Erstellung von 3D-Karten auf Baustellen zu nutzen.“ Die positiven Rückmeldungen würden zeigen, dass die Technologie in Österreich auf großes Interesse stößt und einen wichtigen Beitrag zur Bau- und Sicherheitsbranche leisten könne.

Österreich als idealer Ausgangspunkt – FlexCo in Gründung

Aufgrund der wachsenden Nachfrage nach ihren innovativen Drohnentechnologien hat Spiral Inc. sich dazu entschieden, einen Standort in Österreich zu eröffnen. Derzeit befindet sich FlexCo in Gründung, deren Geschicke künftig Nishihira als Österreich-Geschäftsführerin verantworten wird.

Als großen Standortvorteil betont sie unter anderem, dass Österreich über eine große Anzahl an Tunnelprojekten verfügt. So sei der Markt hierfür vier Mal größer als in Japan. Zudem würde es auch einen großen Kreis an potentielle Kunden wie die Strabag oder Porr geben “Österreichs zentrale Lage in Europa und seine herausragende Expertise im Bereich Bau- und Infrastrukturlösungen machen das Land zum idealen Ausgangspunkt für unsere Expansion.”

Bei der Präsentation war auch der japanische Botschafter Ryuta Mizuuchi in Österreich anwesend | (c) brutkasten / martin pacher

Unterstützung durch Global Incubator Network

Neben den Gesprächen mit potenziellen Kunden betont Nishihira auch die Unterstützung durch das Global Incubator Network Austria (GIN), das entscheidend für den Markteintritt von Spiral Inc. in Europa sei. “Das Global Incubator Network hat uns dabei geholfen, wichtige Verbindungen in Österreich und darüber hinaus zu knüpfen,“ sagte sie. “Durch das Netzwerk haben wir Zugang zu lokalen Partnern erhalten, die uns helfen, unsere Technologie an die Bedürfnisse des europäischen Marktes anzupassen.”

Spiral Inc wird seit Frühling 2023 über das GO Austria Programm des Global Incubator Network unterstützt. Mit dem Programm werden jedes Jahr Startups aus den GIN-Zielregionen von Asien nach Österreich eingeladen (brutkasten berichtete). Im konkreten Fall von Spiral wurde das Unternehmen von GIN im Rahmen des GO AUSTRIA PLUS Programms bei der Unternehmensgründung und den damit verbundenen Aufwänden und Kosten unterstützt.

Das Unternehmen ist übrigens das zweite japanische Startup, das sich über das Programm in Österreich ansiedelte. Erst im Mai 2023 eröffnete auch das japanische Startup Godot sein EU-Forschungs- und Entwicklungszentrum in Wien.

Die Indoor-Drohnentechnologie wurde bei cargo-partner iLogistics Center präsentiert | (c) martin pacher / brutkasten

Präsentation der Technologie bei cargo-partner

Zum Marktstart in Österreich präsentierte Spiral Inc. am Donnerstag im cargo-partner iLogistics Center nahe dem Wiener Flughafen vor ausgewähltem Fachpublikum seine Technologie. In Österreichs größter Logistik Halle aus Holz wurden mehrere Indoor-Testflüge erfolgreich absolviert.

Erst im letzten Jahr wurde die österreichische Spedition Cargo-partner Teil der Nippon Express Group, die wiederum in Spiral Inc. investiert ist. Neben der Inspektion von Tunneln könnte die Technologie künftig auch im Bereich der Logistik Anwendung finden, wie Martin Schenzel, Geschäftsführer von cargo-partner Österreich, betonte.

Spiral plant, die Funktionen seiner Drohnen in der nächsten Phase weiter auszubauen. Geplant ist die Integration von Sensoren wie Gasdetektoren, chemischen Sensoren und Mikrofonen, um die Anwendungsbereiche der Technologie zu erweitern. Drohnen sollen so künftig zusätzliche sicherheitskritische Aufgaben übernehmen können, wie etwa die Detektion von schädlichen Gasen.


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