27.06.2022

Tractive: Sonderurlaub für neue Hunde-Besitzer:innen

Marlene Kampelmüller ist HR-Chefin bei Tractive und verrät im Interview, wie die Umstellung auf eine 4-Tage-Woche gelingt und was das Startup noch für Mitarbeiter:innen tut.
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Marlene Kampelmüller ist Head of Human Resources bei Tractive © Tractive
Marlene Kampelmüller ist Head of Human Resources bei Tractive © Tractive

Seit Juni arbeitet das Team des Paschinger Startups Tractive nur noch vier Tage pro Woche. Damit steigt erstmals ein heimisches „Soonicorn“ auf die 4-Tage-Woche um. Die Normalarbeitszeit reduziert sich bei voller Bezahlung von 38,5 auf 35 Wochenstunden und sämtliche 170 Mitarbeiter:innen bekommen entweder den Freitag oder den Montag als zusätzlichen freien Tag dazu. Der brutkasten hat bei Marlene Kampelmüller, Head of Human Resources bei Tractive, nachgefragt, wie die Umstellung gelingt und welche Tipps und Tricks sie noch für die Mitarbeiter:innen-Suche in Zeiten des Fachkräftemangels hat.

Was sind die größten HR-Herausforderungen bei der Umstellung auf die 4-Tage-Woche?

Marlene Kampelmüller: Als größte Herausforderungen bei der Umstellung auf die 4-Tage-Woche würde ich die Vorbereitung auf die interne und externe Kommunikation, das Anpassen aller internen Prozesse und das Aufsetzen der rechtlichen Ausgestaltung sehen.

Für uns war extrem wichtig, dass keine “Angst”, die Arbeit in weniger Arbeitstagen erledigen zu müssen, aufkommt. Daher haben wir uns entschlossen einen firmenweiten “Productivity Shift” mit der Einführung der 4-Tage-Woche zu planen. Das heißt, bestehende Prozesse zu hinterfragen, unsere Meeting-Kultur effizienter zu gestalten sowie sich mit den einzelnen Teams bzgl. Input zu koordinieren.

Darüber hinaus, ist die 4-Tage-Woche auch arbeitsrechtlich noch ein recht neues Feld. Daher ist die rechtliche Ausgestaltung eine weitere Herausforderung, der wir uns natürlich aber als innovativer Arbeitgeber und Vorreiter in diesem Bereich gerne stellen.

Unternehmen finden derzeit sehr schwer geeignete Fachkräfte. Was ist eure Strategie: Wie bzw. wo findet ihr geeignete Kandidat:innen?

Ganz allgemein wollen wir unsere Taten für uns sprechen lassen. Wir beeindrucken nicht nur mit einer herausragenden Firmenkultur und einem einzigartigen Team, sondern auch mit unserem “Company Purpose”. Unsere Mitarbeiter:innen tragen tagtäglich dazu bei, dass unsere vierbeinigen Familienmitglieder sicher Zuhause ankommen.

Natürlich wird die Kommunikation nach außen immer wichtiger, Stichwort Employer Branding. Hier wollen wir uns auch in Zukunft mehr auf Social Media, Instagram und Facebook, fokussieren. Außerdem wählen wir durch gezieltes Kennzahlen-Tracking die richtigen Job-Kanäle für die jeweiligen Positionen aus und schreiben interessante Kandidat:innen proaktiv (Active Sourcing) an.

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Wenn ihr Mitarbeiter:innen mit den richtigen Skillsets gefunden habt, wie sorgt ihr dafür, dass sie möglichst lange bleiben?

Was uns als Arbeitgeber ausmacht, ist vor allem unser Team. Das beginnt bereits beim Einstellen von neuen Talenten.

Ehrliche und transparente Kommunikation im Unternehmen und die Möglichkeit zur Teilhabe ist etwas, das unseren Mitarbeiter:innen extrem wichtig ist. Durch regelmäßige Mitarbeiter:innenumfragen stellen wir sicher, dass jede:r gehört wird und leiten von diesem Input auch unsere quartalsmäßigen HR-Ziele (OKRs) ab.

Zusätzlich bieten wir unserem Team ein authentisches Gesamtpaket an Benefits. Von 50 % Ermäßigung bei öffentlichen Verkehrsmitteln (z.B. Klimaticket), über einem eigenen Budget für Gesundheits- und Wellnessmaßnahmen sowie zusätzlichen Sonderurlaubstagen bei der Anschaffung eines Hundes bis zu einem nigelnagelneuen Büro, das speziell für die Bedürfnisse unseres Teams erbaut wurde, sind unsere Mitarbeiter:innen stets Teil von neuen Entwicklungen.

Die Einführung der 4-Tage-Woche und der damit verbundenen Möglichkeit zu einer ausgewogeneren Work-Life-Balance war sozusagen nur noch das i-Tüpfelchen.

Welche HR-Tools setzt ihr ein – hast du Empfehlungen?

Personio ist unser Mitarbeiter:innenmanagement-Tool, in dem jedes Teammitglied ein Profil besitzt und das Zeit-Tracking stattfindet.

Prescreen ist unser Bewerber:innenmanagement-Tool.

Gibt es bei euch in der HR eigene OKRs und KPIs? Wenn ja welche, und wie werden sie gemessen?

Ja, natürlich. HR ist Teil der unternehmensweiten OKR-Planung.

Unsere Ziele orientieren sich vor allem an der Zufriedenheit unserer Mitarbeiter:innen. Momentan ist hierbei sehr viel Fokus auf den Umzug in das neue Büro gerichtet. Aufgrund unserer regelmäßigen Mitarbeiter:innenumfragen können wir die Zufriedenheit relativ gut in Zahlen messbar machen.

Natürlich ist auch die Talent-Akquirierung wichtig für uns, um alle Projekte, die wir in Planung haben, umsetzen zu können. Da wir seit Beginn an, unsere Bewerber:innenanzahl und andere Recruiting-Kennzahlen mittracken, können wir auch hier den Erfolg unserer Maßnahmen messen.

Welche Tipps hast du für Recruiter:innen und Personalmanager:innen, die gerade erst in den Beruf einsteigen?

Seid offen für Veränderung. Der Personalmarkt sowie die Bedürfnisse der verschiedenen Generationen ändern sich so schnell. In Zeiten wie diesen muss man offen für Veränderung sein. Das kann (manchmal) auch heißen, dass etwas heute A und morgen B heißt. Trotzdem ist es natürlich wichtig als Arbeitgeber seinen “roten Faden” zu finden und authentisch zu sein.

Aus meiner Sicht hat es noch nie eine spannendere Zeit gegeben im HR zu arbeiten als jetzt.

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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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