22.09.2021

air up-Gründerin Lena Jüngst über das 40 Millionen Euro Investment & die Konkurrenz zu waterdrop

Im Interview spricht air up-Gründerin Lena Jüngst über die jüngste Finanzierungsrunde, die sich auf 40 Millionen Euro beläuft. Das Münchner Scaleup hat ein Trinksystem zur Aromatisierung von Trinkwasser nur durch die Beigabe von Duft auf den Markt gebracht und ist unter anderem auch in Österreich vertreten.
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Lena Jüngst
air up-Gründerin Lena Jüngst | (c) Airup

Nachdem das 2019 gegründete Münchner Scaleup air up bereits zu Jahresbeginn eine Series-A Finanzierungsrunde bekannt gab, sammelt das Unternehmen für die weitere Expansion nun weitere 40 Millionen Euro an VC-Kapital ein. Die Runde wird von Five Seasons Ventures angeführt – neben PepsiCo, Ippen.Media, Oyster Bay. Im Interview mit dem Brutkasten spricht air up-Gründerin Lena Jüngst über den rasanten Wachstumskurs, den das Unternehmen auch in Österreich weiterführen möchte.


Warum habt ihr genau jetzt die 40 Millionen Euro an VC-Kapital aufgenommen? Gab es eine spezielle Markt-Opportunität?

Das ist eine gute Frage, über die wir intern auch sehr viel diskutiert haben. Eigentlich brauchen wir das Geld nicht unmittelbar, sondern eher zukunftsgerichtet. Es ist natürlich immer schön, wenn man in einer guten Situation die passenden Investoren sucht. Daher war dies jetzt auch der beste Zeitpunkt. Das frische Kapital soll uns primär bei der Expansion weiterhelfen. Wir wollen ja auch den Schritt in die USA wagen. Und zudem sind wir aktuell dabei, die Produktion näher zu uns zu holen. Bislang haben wir in China produziert, was uns immer ein Stein im Magen war, weil wir es ursprünglich nicht wollten.

Wo wollt ihr künftig produzieren?

In einem ersten Schritt wollen wir die Produktion in die Türkei verlagern, in einem zweiten Schritt dann höchstwahrscheinlich in die Niederlande. Zudem planen wir auch in den USA eine Produktionsstätte zu errichten, weil dann der Transportweg möglichst kurz sein soll.

air up ist auch in Österreich vertreten. Wie zeichnet sich der österreichische Markt für euch aus? 

Die Österreicher sind von der Kultur mit den Deutschen sehr ähnlich. Sie trinken viel Trinkwasser. Natürlich betreiben wir auch intensiv Marktforschung. Hier sehen wir eindeutig, dass die Österreicher aufgrund der guten Trinkwasserqualität fast nur Leitungswasser trinken, was für uns ein schönes Zeichen ist. Zudem sind sie innovationsbegeistert, da wenig Skepsis gegenüber unserem Produkt besteht. Generell zeichnen sich die Österreicher auch durch ihre hohe Essenkultur und ihre Leidenschaft für Geschmack aus. 

Aus Österreich kommt auch waterdrop. Das Scaleup hat sich zum Ziel gesetzt, den Getränkemarkt disruptiv zu verändern. Inwiefern seht ihr euch als Konkurrenz zu waterdrop?

Auf den ersten Blick ist das Produkt sehr ähnlich, nämlich Wasser mit Geschmack. Auf den zweiten Blick unterscheidet sich das Produkt allerdings, da wir im Gegensatz zu waterdrop unser Wasser komplett ohne Zusatzstoffe anbieten. Somit haben wir eine andere Produktkategorie. Prinzipiell haben wir uns lange überlegt, zu welcher Produktkategorie wir wirklich gehören, mittlerweile bezeichnen wir uns als FoodTech, da wir eine starke technische Komponente haben.

Wie vermarktet ihr euer Produkt?

Wir waren am Anfang sehr stark im Handel vertreten, da wir uns dachten, dass Getränke in der Regel auch in den Supermärkten verkauft werden. Wir haben aber den Vorteil, dass wir den “Geschmack” ohne Flüssigkeit verkaufen können. Da wir viel leichter und kleiner sind, sind wir ein optimales Online-Produkt. Zudem haben wir festgestellt, dass der Aufwand in den Handel zu gehen sehr groß ist. Daher haben wir auch unsere Vertriebsstrategie angepasst und erkannt, dass wir ein “Digital-First-Unternehmen” sind. Online haben wir viel mehr Kontrolle über unsere Markenpositionierung und den Preis. Zudem können wir direkt Daten beziehen, die uns helfen unsere Kunden:innen besser zu verstehen.

Wie viel Umsatz erwirtschaftet ihr aktuell?

Letztes Jahr haben wir 20 Millionen Euro Umsatz gemacht. Dieses Jahr haben wir die 20-Millionen-Marke bereits in den ersten vier Monaten überschritten, was eine Run Rate von 100 Millionen Euro entspricht. Das bedeutet den durchschnittliche Umsatz aus den letzten drei Monaten mal zwölf gerechnet.

Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit bei euch?

Das Thema Nachhaltigkeit ist bei uns schon in unserer Vision und Purpose integriert. Das ist nicht nur ein Strategiekonstrukt, sondern auch der Nordstern, auf den wir jeden Tag zuarbeiten. Dementsprechend ist es in unserer Unternehmens-DNA bereits vorhanden. Dieses Jahr haben wir erstmalig eine Dreijahresstrategie aufgestellt. In dieser Strategie ist auch das Thema Nachhaltigkeit eng verankert. Nachhaltigkeit bedeutet für uns sowohl ökologische als auch ökonomische Nachhaltigkeit sowie Social Responsibility. Das ganze ist für uns eine Art Dreiklang. Ein großes Thema ist aktuell die Produktion näher zu uns zu holen.


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Lanbiotic, Neurodermitis
(c) Oliver Wolf - Patrick Hart und Katrin Susanna Wallner von Lanbiotic.

Das Grazer Startup Lanbiotic stellt medizinische Hautpflege-Produkte mit lebensfähigen Bakterien speziell für die von Neurodermitis geplagte Haut her. Dabei verwenden die beiden Gründer:innen Patrick Hart und Katrin Wallner den zum Patent angemeldeten Bakterienstamm “Lactococcus Lanbioticus“.

Lanbiotic: “Skalierung als neue Normalität”

“Mit unseren probiotischen Hautanwendungen bringen wir gesundheitsfördernde Bakterien direkt auf die Haut, um die natürliche Balance des Hautmikrobioms wiederherzustellen und Hautprobleme gezielt an der Ursache zu bekämpfen”, erklärt Wallner.

Das letzte Jahr fühlte sich für die Gründerin an, als sei ein Traum nicht nur wahr, sondern sogar übertroffen worden. Andererseits sei es eine “neue Normalität” an der Skalierung des Unternehmens zu arbeiten.

“Wir haben weitere Produkte mit unserem einzigartigen Bakterienstamm ‘Lactococcus Lanbioticus’ entwickelt, um umfassender auf die Bedürfnisse von Menschen mit zu Neurodermitis neigender Haut eingehen zu können. Neu hinzugekommen sind Flora Bath und Flora Sun”, erklärt Wallner.

Flora Bath ist ein spezieller Badezusatz, der für Menschen entwickelt wurde, die großflächig oder an der Kopfhaut von Ekzemen betroffen sind – ein Bereich, in dem Pflegecremen oft an die Grenzen ihrer Praktikabilität stoßen.

“Der Fokus liegt wie immer bei Lanbiotic auf der Ergänzung des Hautmikrobioms, also ‘der lebende Teil’ der natürlichen Schutzbarriere der Haut, die den gesamten Körper bedeckt, mit probiotischen Bakterien”, so Wallner weiter. “Eine Ausgewogenheit des Hautmikrobioms ist, wie auch im Darm, entscheidend, um die Gesundheit der Haut zu bewahren und Beschwerden zu lindern.”

Flora Sun hingegen ist ein weiteres Produkt, das auf die besonderen Herausforderungen empfindlicher Haut unter UV-Strahlung eingeht. Studien hätten gezeigt, dass das Hautmikrobiom die natürliche Fähigkeit der Haut verbessern kann, mit den Effekten – und häufig auch Schäden – durch Sonneneinstrahlung umzugehen.

EHI-Siegel für Onlineshop

“Parallel dazu haben wir auch international expandiert: Der Eintritt in den deutschen Markt war ein großer Schritt, der mit der Anpassung unserer Produktions- und Logistikkapazitäten verbunden war, um langfristig weitere internationale Märkte beliefern zu können. Unser Webshop wurde außerdem mit dem EHI-Siegel zertifiziert, um unseren Kund:innen einen sicheren und vertrauenswürdigen Einkauf zu ermöglichen.”

Auch das Team wuchs 2024, zudem konnte durch zahlreiche Medienauftritte und Messeteilnahmen Aufmerksamkeit für die eigenen Produkte und die Marke gewonnen werden.

“Als weiteres Highlight wurden wir von der Apothekerkammer mit unserer Fachfortbildung akkreditiert, was Apotheker dazu motiviert, unsere Fortbildungen zu besuchen und mehr über das noch recht ‘nischige’ Thema Hautmikrobiom zu erfahren”, sagt Wallner.

Neue Märkte im Fokus

Aktuell arbeitet das Startup intensiv daran, Lanbiotic als Unternehmen und Marke weiterzuentwickeln, strategisch zu positionieren und zu skalieren. Das oberste Ziel ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Neurodermitis über ihre mikrobiombasierten Produkte zu verbessern.

“Wir möchten Lanbiotic in weiteren Märkten etablieren, insbesondere natürlich in Ländern, wo die Prävalenz für Neurodermitis hoch ist. Dafür arbeiten wir an effizienten Marketingprozessen, um unsere Markenbekanntheit zu steigern, und bauen unsere Vertriebsstrukturen aus”, erklärt die Founderin. “Um diesen Schritt bestmöglich zu unterstützen, suchen wir gezielt nach vertrauenswürdigen Partnern für den internationalen Vertrieb, die unsere Werte und Qualitätsansprüche teilen. Die Kooperationen sollen es uns ermöglichen, unsere Produkte nachhaltig in weiteren europäischen und außereuropäischen Ländern anzubieten und das Thema Hautmikrobiom international bekannter zu machen.”

Daneben optimiert das Team Produktionsprozesse, um der wachsenden Nachfrage nachkommen zu können. In der Produktentwicklung liegt dabei der Fokus auf der Entwicklung weiterer wissenschaftsbasierten probiotischen Pflegeprodukten, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Neurodermitis und empfindlicher Haut zugeschnitten sind. Dazu steht man intensiv mit Industrie und Spitzenforschung in Kontakt.

Lanbiotic: Strukturen und Prozesse schaffen

Intern sei man vor allem stark mit dem Aufbau der Organisation beschäftigt. Man arbeitet daran, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die das Wachstum langfristig stützen können. Ziel sei es, eine gesunde Organisation aufzubauen, die den Expansions- und Innovationszielen gerecht werde und das Unternehmen flexibel in die nächsten Entwicklungsstufen führt.

Lanbiotic wurde in der Vergangenheit unter anderem auch von der Austria Wirtschaftsservice (aws) unterstützt. So absolvierte das Unternehmen den aws First Incubator und erhielt über aws Innovationsschutz eine Förderung, um sein geistiges Eigentum zu schützen. Später folgte eine Preseed- und Seed-Förderung über aws Innovative Solutions. Mit diesem Seed-Förderprogramm unterstützt die aws innovative Gründungsideen, die über die Unternehmensgrenzen hinaus einen positiven gesellschaftlichen Impact bewirken. Der Fokus liegt auf skalierbaren Geschäftsmodellen. Im Fall von Lanbiotic war die Förderung essentiell, um die Produktentwicklung und Markteinführung zu finanzieren und sich allgemein zu professionalisieren.

“Eine bessere Förderung als aws Seed Innovative Solutions könnte es derzeit, meiner Meinung nach, für uns nicht geben”, sagt sie. “Es handelt sich um einen nicht rückzahlbaren Zuschuss von 400.000 Euro, der für unterschiedlichste Aktivitäten in der Markteinführung und Produkteinführung verwendet werden kann. Naturgemäß ist das Programm sehr kompetitiv, aber wenn man für die Finanzierung ausgewählt wird, hat man wirklich einen gewaltigen Booster, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen.”

Die weiteren Ziele von Lanbiotic

Im Allgemeinen habe ihnen das Programm bereits jetzt weit mehr gebracht als Geld. “Ich empfand den Bewerbungsprozess per se als wertvolle Erfahrung, um mir unser Business Model noch einmal ganz genau anzusehen und unsere Ziele zu definieren”, präzisiert die Grazerin. “Dass wir sie jetzt so scheinbar ‘locker’ übertreffen konnten, ist natürlich die Draufgabe.”

Durch die positive Resonanz der stetig wachsenden Stammkundenbasis sieht sich Wallner in ihrer Mission bestätigt. “Wir wissen aber auch, dass viele Menschen Lanbiotic noch nicht kennen und Neurodermitis in vielen Ländern nach wie vor ein großes Problem darstellt”, sagt sie. “Daher wollen wir gezielt skalieren, den Umsatz und Gewinn steigern, innerhalb und außerhalb Europas expandieren und unser Produktportfolio weiter diversifizieren.”

In Sachen Umsatzentwicklung wird Lanbiotic 2024 das gesetzte Umsatzziel voraussichtlich verdoppeln, wie Wallner erzählt. “Unser für 2025 gestecktes Ziel ist ambitioniert, aber wir sind zuversichtlich, dass wir hier wieder gute Arbeit leisten. Aktuell haben wir einen sechsstelligen Nettoumsatz erreicht, und dank der Unterstützung durch die aws Seed-Förderung werden wir auch heuer, wie jedes Jahr seit unserer Gründung, noch profitabler sein.”


* Disclaimer: Das Startup-Porträt erscheint in Kooperation mit Austria Wirtschaftsservice (aws)

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